Um 15:00 ging’s in Lezardrieux los mit Ziel Cherbourg. Bei strömendem Regen. Leider hat der sich nicht mit Wind und Strömung abgestimmt. Egal, auch die Nachbarn packen’s. Brrr. Die ersten 7 Meilen durch den kleinen Fjord hinaus auf den Atlantik. Malerisch. Stille, der Motor tuckert, alles verwaschen in leichtem Nebel. Kaum aus dem Fjord raus, ist es vorbei mit gemütlich. Kein Wind, dafür aber mächtig Wellen und Dünung. Die werden von den Felsen und dem Ufer reflektiert und es bilden sich ganz fiese Bewegungen. Es eiert und schaukelt, dass einem die Lust vergeht. Motor weiter auf und schnell Meer gewinnen. Es wird besser, der Wind kommt auch langsam. Der verhangene Himmel und die tiefer stehende Sonne zaubern wundersame Lichter auf’s Meer. Die Fleur zieht mit gesetztem Code Zero bei 10kn Wind mit 7 kn gegenan durchs Wasser. Ist das was!

Der Vollmond der letzten Woche ist nun nur noch halb voll. Die Wolken verdecken auch die Strahlen. Ein leichter, feuchter Nebel kommt auf und es wird stockdunkel. Keine 10 Meter sieht man voraus. Gruselig. Der Wind geht auf 10-12 Knoten. 9 Knoten Fahrt. Es zischt und brummt. Ich mache mal lieber das Code Zero wieder runter. Mit Stirnlampe und bei Regen ist das eine kack Arbeit, nachts um 01:00.

So um 01:30 landet ein Vogel auf dem Boot. Sieht erschöpft aus, der Kleine. Ist ja auch arschkalt und nass da draußen. Der Vogel verschanzt sich hintder der Sprayhood und kauert sich zusammen. Die Federn werden von jeder kleinen Böe aufgestellt. Ich lege mich mal wieder für 30 Minuten schlafen.

Um 02:45 hat der Wind wieder nachgelassen. Mist. Code Zero wieder hoch. Der Vogel lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ist wohl ein Kackadu, so viel A A wie der schon gemacht hat. Die Fleur bekommt wieder etwas Zug. Ich gehe wieder schlafen.

06:15, Alderny Leuchturm bei Sonnenaufgang. Noch geht die Strömung in meine Richtung. In einer halben Stunde wird sich das ändern. Leider genau an einer Stelle, an der die Strömung bei den Kanalinseln sehr stark ist. In 3 Stunden wird mir der Strom mit 4 kn entgegen stehen. Hilft aber jetzt wo ich halt da bin, leider auch nichts, das Wissen. Segel dicht und weiter. Hoffentlich lässt der Wind nicht nach, sonst geht’s rückwärts.

07:30, Alderny an Steuerbord. Jetzt noch 10 Meilen bis zum Cap de la Hague. Die Strömung nun voll entgegen. Mit 2-3 Knoten geht es über Grund. Der kleine Vogel hat sich hinter dem Steuerstand eine windgeschützte Stelle gesucht.

Als ich um 11:30 dann endlich am Cap de la Hague bin, ist der kleine Vogel gestorben. Altersschwäche? Erschöpfung? Ich hatte dem Kleinen Wasser und ein bisschen Müsli hingestellt, dass er aber nicht angerührt hatte. Sehr traurig. Er bekommt eine ordentliche Seebestattung und auf dass er in den Vogelhimmel kommt.

Kein Wind. Es ist früh am Tag. In Cherbourg will ich jetzt eigentlich noch nicht halt machen. Der Wetterbericht so lala. Später Wind aus Südost der dann am nächsten Morgen auf Südwest gehen soll. Ich fahre mit Motor und lasse Cherbourg rechts liegen. Neues Ziel Le Havre. 5 Stunden später hat es zwar etwas Wind aber aus Nordwest. Damit komme ich weiter nach Nordosten. Neues Ziel Dieppe. Ein ganzes Stück weiter als Le Havre, aber was soll’s.

Ein fantastischer Sonnenuntergang. Die Sonne versinkt im Meer, der Himmel färbt sich lila und meine Segel reflektieren dieses Farbenspiel. Ich bin beeindruckt.

Die Nacht bin ich total müde. Es ist echt schwer so im Halbschlaf zu bleiben. Und bitter kalt ist es diese Nacht. Ich habe T-Shirt, Langen Pullover, Ski-Pulllover und Segeljacke an. Lange Unterhosen. Die Füße mit zwei paar Socken in den Gummistiefeln. Und immer noch kalt. Viel Verkehr hat es auch hier draußen. Andauernd zeigt das AIS Kollisionskurse an. Einigen riesigen Containerschiffen bin ich schon ausgewichen. Die sind auf dem Weg von Le Havre oder Cherbourg zu den Verkehrswegen in die Nordsee oder nach Süden. Wenn dann so ein Brocken in 1 km Entfernung mit 17 kn vorbei fährt, sieht das gar nicht so weit aus. Viele der kleineren Fischerboote haben leider kein AIS, da hilft nur immer wieder mit dem Fernglas den Horizont abzusuchen und nach Lichtern Ausschau zu halten.

Morgens um 3 oder 4 bin ich dann auch mal eingeschlafen. Sekundenschlaf oder so, der aber fast 2 Stunden gedauert hat. Die Fleur ist da mit Motor und 4-5 kn einfach weiter gefahren. Irgendwie bin ich dann mal aufgewacht. Schaue erschreckt auf die Uhr, schieße raus ins Cockpit – und sehe gerade noch wie taghell erleuchtet ein Frachter in ein paar hundert Metern an mir vorbei gefahren ist. Ich habe weder das AIS Warnsignal gehört noch sonst was. Puh. An was und wem bin ich wohl die letzten zwei Stunden alles vorbei gefahren?

Mit Tagesanbruch ist der Wind weg. Flaute. Da hilft nun auch nur mal wieder Motor. Bis Dieppe sind es 35 Meilen (5 Stunden Fahrt). Der Wetterbericht sagt am Nachmittag Wind aus Süd vorher. Wenn ich also schon den Tank leer segle, dann kann ich auch weiter nach Norden fahren und am Nachmittag noch den Wind nutzen. Boulogne-sur-Mer ist das neue Ziel.

Leider ist es nichts mit Wind. Kein Hauch, aber Sonne pur. Heiß. In Unterhose und T-Shirt sitze ich rum – sieht ja keiner. Stunde um Stunde geht es unter Motor weiter. Der Wind will nicht kommen. Noch 40 Meilen, noch 30 Meilen. Ah. Ein Windhauch. Hoch das Code Zero. Wir machen mit Motor und Segel 6 Knoten Fahrt. Die Strömung ist mit uns. nur noch 5 Stunden bis Boulogne. Um 23:00 müsste ich dort sein. Freue mich schon jetzt auf eine gemütliche Nacht.

10 Meilen vor dem Hafen bekomme ich dann einen Funkspruch. Wer ich bin, woher ich komme, … – Kenne ich doch vom Chenal du Four. Ich werde aufgefordert auf Kanal 8 zu wechseln und auf Standby zu gehen. Das ist bestimmt der Hafen, denke ich. Auf einmal macht es draußen “blong”. ich schau rauß. 8 Mann mit Knarren im Schlauchboot stürmen meine Fleur. Dahinter ein größes Militärschiff. Puls 200. Was habe ich angestellt?

Es ist der Zoll. Nett, aber bestimmt wird mein Boot durchsucht. Die machen mehr Luken und Deckel auf als ich bei der Übernahme. Einen langen Fragebogen füllen wir aus. Bootspapier, Pass, etc. Die Herren sind nett und interessiert, als ich meine Geschichte von der Abfahrt in Hendaye bis hier erzähle. Ob ich denn ein erfahrener Seemann bin? 100 Stunden über die Biskaya. Boa. Was ein tolles Boot! Der eine Zöllner will nun auch so ein Sabatical machen. Bilder darf ich leider erst machen als alles vorbei ist.

Dann endlich Boulogne-sur-Mer. Über VHF beim Hafen annmelden und um Einfahrtsgenehmigung anfragen. Passt. Noch durch einen kleinen Kanal, perfektes Anlegen und – ein Bierchen. Geschafft!

Morgen einen Tag Pause, dann weiter durch die Dover Strait und in Richtung Dunkerque.